Hertener Initiative zur Förderung von Kunst im öffentlichen Raum

Was schmorte im Römertopf? – Im Halterner Römermuseum gab es Antworten auf die Fragen von Eat Art Connections

Herten/Haltern. Mit großen Schritten geht das fünfstufige Kunstprojekt „Eat Art Connections“ voran. Seit April dreht sich dabei alles um die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Essen und der Esskultur. Einen weiteren Meilenstein dazu hat die Initiative Stadtkunst jetzt bei einer KUNST.EXKURSION ins Halterner Römermuseum gesetzt.

Im dritten Teil des „Buffet am Wasserschloss“, bei dem aus der aristokratischen Historie des Barocks heraus im September ein bewusst öffentliches Bankett durch die Berliner Künstlerin Sonja Alhäuser entstehen soll, ging jetzt die historische Linie noch weiter zurück, bis in die Antike: Wie hielten es eigentlich die alten Römer mit dem Essen, der Esskultur und der Kunst? Kompetente Antworten gab dazu im LWL-Römermuseum in Haltern am See bei einer exklusiven Führung, einem anschließenden Vortrag von Dr. Josef Mühlenbrock, dem Leiter des Museums sowie einer humorvollen Lesung von Marianne Gorissen, Theaterpädagogin und ehemalige Mitarbeiterin des Römermuseums.

„In den Orkus“: Verdünnter Wein und Fischsoße lagerten in Amphoren

Schon angesichts der Halterner Fundstücke aus der Römerzeit lässt sich erahnen: Auch im Feindesland wurde geschlemmt. So hat man etwa Reste von 850 Amphoren in der Seestadt gefunden – darunter große Gebrauchskeramik und Kochtöpfe, die in Haltern selbst gefertigt, aber auch Gefäße, die aus allen Gebieten des römischen Reiches geliefert wurden. Gefüllt waren sie beispielsweise mit einer Fischsoße, die man zu allem und jedem reiche, sowie häufig mit Wein. Der floss allerdings in der Regel immer verdünnt, mit Wasser, oder auch mit Rosenblättern, Veilchen, Pfeffer, Honig oder Wermut „in in den Orkus“, wie Marianne Gorissen bei einer launigen Lesung rund um „das Gastmahl des Trimalchio“ zum Besten gab.

Völlerei gehörte zum guten Ton: Wandgemälde zeugen von opulenten Festmahlen

Während im fernen Rom stets Silber zu feinen Anlässen innerhalb der Oberschicht aufgetischt wurde, bestand das feinere Tafelgeschirr im Halterner Heereslager, Terra sigillata (gestempelte Erde) genannt, aus einem typischen roten Tonüberzug, der mit Figuren und Ornamenten verziert war. Tanzende Skelette darauf erinnerten an die Vergänglichkeit im Leben. Vielleicht haben die Römer damals die Feste deshalb gefeiert, wie sie fielen. Wandmalereien und Überlieferungen jedenfalls zeugen von opulenten Gastmählern, die nicht selten in Völlerei ausarteten. Wer zu viel aß, behalf sich einfach mit einer Pfauenfeder und förderte Unverdautes wieder zu Tage.

In der Frühzeit waren die vielen Bauern zunächst überwiegend Vegetarier

Das war nicht immer so, aber der Reihe nach: In der Frühzeit, das mag verwundern,  lebten die Römer zunächst hauptsächlich vegetarisch, waren sie doch zum größten Teil Bauern, die Getreide als Hauptnahrung zu sich nahmen. Erst durch die Ausdehnung des Römischen Reiches änderte sich die Esskultur. Getreide blieb zwar weiterhin wichtig, wurde als Brot oder als typischer Getreidebrei verfeinert mit Käse, Knoblauch oder Oliven verzehrt. Doch kamen neue Speisen hinzu. Und im fernen Germanien hielt ein gewisser Luxus dann dank Lucius Licinius Lucullus Einzug. Den größten Feinschmecker finde man heute laut Museumsleiter Dr. Josef Mühlenbrock als Namensetikett für Marmelade, Kochzeitschriften oder Hundefutter. Damals aber stand er für opulente Gastmähler.

Prototyp vom heutigen Speiseeis schmeckte schon den Römern

Sehr viel später, im Herbst 79 nach Christus, brach der Vesuv aus, bedeckte die Stadt Pompeji unter grauen, pyroklastischen Ascheströmen, vaporisierte das gesamte Leben in einem Augenblick und bescherte uns damit eine kostbare Momentaufnahme der römischen Esskultur von den Garküchen mit warmen Mahlzeiten fürs kleine Geld bis zur gehobenen Mittelschicht wie es etwa das Haus der Vettier, sogenannter ehemaliger Freigelassener, war. In deren zum Garten hin offenen Speisesaal, dem Triclinium, kamen zu einem idealen Mahl neun Personen auf den hufenförmig arrangierten Liegen, den Klinen, zusammen.

Trinkgelage schlossen sich ans Festmahl an

Aufgetischt wurden Hülsenfrüchte, eingelegtes Gemüse, Schnecken und Muscheln sowie gefüllte Eier mit Pinienkernen als Vorspeise, Schweineragout mit Aprikosen als Hauptgericht sowie Datteln und Feigen, die man auch als Grabbeigaben fand, aber auch Granatapfel, Quitten, Trauben oder Grießbrei mit Rosinen und Mandeln sowie honiggetränkten Kuchen aus Weizen und sogar einen Prototyp unseres heutigen Speiseeises zum Nachtisch. Daran schlossen sich feuchtfröhlich Trinkgelage an. Bei besonders reichen Römern wie Trimalchio gehörten auch Parfumflakons als Souvenir sowie akrobatische Aufführungen zum einstigen Festmahl wie heute die Pommes zur Currywurst. Beim Buffet am Wasserschloss im September wird es all dies nicht geben. Spannend, opulent und schmackhaft wird es sicher trotzdem.

 

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