Ein Buffet in Herten und Superfood in Reelkirchen erwarten die Öffentlichkeit zum Abschluss eines mehrstufigen Kunstprojektes
Herten/Reelkirchen. Ein gemeinsames Projekt verbindet in diesem Jahr die beiden nordrhein-westfälischen Wasserschlösser, denn an beiden Standorten wird die zeitgenössische Kunst kulinarisch aufgegriffen. Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler widmen sich einem breiten Spektrum der EatArt vom künstlerischen Buffet bis hin zum Umgang mit dem Wandel von der ländlichen Selbstversorger- zur Discounterkultur. An jedem Standort sind zeitlich versetzt fünf Veranstaltungen geplant, so dass Interessierte sich nach Wahl einem Standort widmen oder auch in einer kulinarisch-künstlerischen Reise einen Bogen zwischen den Themen und Orten schlagen können. Höhepunkte sind an beiden Standorten zwei Eat Art-Performances, die mehr sein sollen als die klassische „EssKunst“, mit der der Künstler Daniel Spoerri in den 1970er-Jahren Aufmerksamkeit erregte.
Herten tischt eine zeitbasierte Kunstinstallation von Sonja Alhäuser zum gemeinsamen öffentlichen Verzehr auf
Beim Hertener Projekt „Buffet am Wasserschloss“, dessen Träger das städtische Kulturbüro ist, will die Berliner Künstlerin Sonja Alhäuser am Sonntag, 3. September, im Hertener Schlosspark eine Installation auftischen, die zum Verzehr einlädt, und dabei Nachbildungen von Skulpturen und Büsten sowie Fragmente von Statuen in ihr Bankett einbauen, die früher einmal die Orangerie zierten. Genuss mit allen Sinnen und Nachdenken über den Ort, das ist das Ziel des Kunstwerks von Sonja Alhäuser. Es soll von jedem und jeder bewundert und alles Essbare verspeist werden. So beschäftigt sich mit einer veränderten Esskultur. „Es will aber vor allem auch zeitbasierte Kunst stärker in den Fokus rücken“, so Katrin Wegemann, die das Projekt kuratiert.
Breit gefächertes Rahmenprogramm begleitet den künstlerischen Schaffensprozess
Ab April gibt es eine Reihe von Veranstaltungen, die auf das Hauptereignisse Anfang September vorbereiten: Zum Auftakt startet am 20. April ein Kunstspaziergang rund um Schloss und Orangerie. Im Anschluss daran führen die Kunsthistorikerin Dr. Ina Jessen und Sonja Alhäuser ein einordnendes Künstlergespräch. Am 18. Juni ist eine Exkursion ins Römermuseum Haltern zum Thema „EssKultur der Römer“ nach dem Motto „Was schmorte im Römer-Topf?“ geplant. Eine Mitmachaktion auf dem Hof Wessels soll am 22. Juni den Entstehungsprozess von Sonja Alhäusers Kunstwerk abrunden. Im Gespräch mit der Künstlerin sind Interessierte eingeladen, Teile des Buffets vorzubereiten.
In Reelkirchen schaut man auf in Vergessenheit geratenes Superfood
Nach gleichem Muster finden Veranstaltungen in Reelkirchen statt. Titelgebend sind hier die sogenannten „Superfoods“, angeblich neu entdeckte Nahrungsmittel, denen besondere Gesundheitsvorteile zugeschrieben werden. Allmählich setzt sich jedoch die Erkenntnis durch, dass diese Nahrungsmittel aufgrund veränderter Gewohnheiten lediglich in Vergessenheit geraten waren. Verschiedene internationale Künstlerinnen und Künstler beschäftigen sich in diesem Projekt mit Pflanzen, Anbau- und Nahrungsgewohnheiten als Indikatoren des gegenwärtigen gesellschaftlichen, kulturellen und klimatischen Wandels. Den Auftakt bildet ein Gespräch mit dem Künstlerduo „Scheibe & Güntzel“, das sich in seiner Reihe „Preserved“ intensiv mit den Folgen des Klimawandels auf die menschliche Ernährung befasst hat, aber auch allgemeine Wandlungsprozesse im Leben von und mit der Natur thematisiert. Auf den Auftritt des Brennnesselkönigs in einer Performance kann man gespannt sein. In einer weiteren Veranstaltung unter dem Titel „Beggars Banquet“ geht es um die Rolle der Esskultur im Pop, veranschaulicht auf Plattencovern an einem Event mit Musik und natürlich Essen und Trinken. Eine performative dreitägige Wanderung mit einer abschließenden künstlerischen Koch-Intervention am Wasserschloss Reelkirchen plant der Künstler Jan Philip Scheibe. Er interessiert sich vor allem für die tiefgreifenden Veränderungen im Umgang mit Lebensmitteln in den letzten 60 Jahren, denen er versucht, mit Beobachtungen auf den Grund zu gehen. Die chinesich-deutsche Künstlerin Yan Rechtmann wird sich in einer Performance den Lebensmitteln beider Nationen widmen, während der österreichische Künstler Hubert Hasler, dessen Forschungsschwerpunkt eingewanderte Pflanzen, die Neophyten, sind, eine Tee-Edition aus am Wasserschloss vorkommenden Pflanzen vorbereitet. Kuratiert wird das Reelkirchener Projekt von Sigrun Brunsiek und Josef Spiegel.
Künstlerisches Gesamtkonzept wird von der LWL-Kulturstiftung gefördert
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) fördert das Projekt „Eat Art Connections“ der beiden kooperierenden Initiativen Stadt.Kunst Herten sowie Wasserschloss Reelkirchen e.V. aus Mitteln der LWL-Kulturstiftung. Zur Begründung der Förderung urteilte die Jury „Das Projekt verfolgt ein innovatives künstlerisches Gesamtkonzept und greift eine aktuelle Themenstellung auf. Unsere Förderung würdigt zudem das langjährige Engagement der beteiligten Initiativen, Kunst und Kultur in die Fläche zu tragen“. Weitere Unterstützung kommt von Sponsoren sowie vom Kultursekretariat Gütersloh aus dem Programm „Stadtbesetzung“. Das Wasserschloss Reelkirchen ist zudem Bestandteil des Programms „Dritte Orte“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.